Locationscout


In unserer aktuellen Ausgabe des „ABC der Filmproduktion“ steht der Beruf des Locationscouts im Mittelpunkt. Wir gehen der Frage nach, welche Aufgaben dieses Department übernimmt und welche Qualifikationen dafür erforderlich sind.
Für das Publikum laufen im Filmbetrieb viele Prozesse im Verborgenen ab. Unser Blog soll auch Licht auf jene Departements werfen, die hinter den Kulissen wirken und selten öffentliche Anerkennung für ihre Arbeit erhalten. Unter ihnen befinden sich auch die Locationscouts, deren Beitrag oft unterschätzt wird. Doch gerade sie spielen eine entscheidende Rolle dabei, den perfekten Drehort zu finden, der die Vision der Regisseur:innen widerspiegelt und der Geschichte den richtigen Rahmen verleiht.

Inhalt

Berufsfeld Locationscout – Überblick

Mit scharfem Auge für Ästhetik und einem tiefen Verständnis für die narrative Bedeutung von Orten erforschen Locationscouts urbane Straßenzüge, verträumte Landschaften oder verborgene Interieurs, um jene Schauplätze und Kulissen zu entdecken, die das Publikum in ihren Bann zieht. Sie bewerten die Drehorte nach ihrer visuellen Qualität, ihrer Zugänglichkeit und Eignung für die Produktion.
Dabei beachten sie auch praktische Aspekte wie die Erreichbarkeit und die Nähe zu anderen Locations, Verfügbarkeit von benötigter Infrastruktur sowie Lichtgegebenheiten und auch Akustik. Locationscouts arbeiten eng mit Produktion, Regie, Kamera und Szenenbild zusammen, um sicherzustellen, dass jeder Ort die Atmosphäre und den Ton des Werbefilms bzw. der Filmproduktion verstärkt, während sie logistische und budgetäre Rahmenbedingungen im Blick behalten.

Berufsbild

Locationscouts sind für die Suche und Auswahl der Drehorte für Kino-, Fernseh- und Werbeproduktionen sowie Fotoprojekte zuständig. Ihre Arbeit beginnt bereits vor dem Start der eigentlichen Produktion. Oft sind sie die Ersten, die ein Drehbuch oder Storyboard künstlerisch interpretieren und, durch die Suche nach passenden Drehlocations, visualisieren. Sie definieren die Schauplätze – sowohl Innenräume als auch Außenszenen – in denen die Handlung stattfindet. In enger Zusammenarbeit mit den Departements Szenenbild, Kostüm und Maske prägen sie das visuelle Erscheinungsbild der Produktion.

Arbeitsumfeld

Üblicherweise arbeiten Locationscouts selbstständig für eine Medienproduktionsfirma und beraten Autor:innen, Fotograf:innen, Produzent:innen und die Departements Regie und Szenenbild.

Bei Film- und Werbeproduktionen stehen sie in der Regel in engem Kontakt zum/zur Szenenbildner:in bzw. Production Designer, die die Suchkriterien für die perfekte Location festlegen.

Aufgabe des Locationscouts ist es auch, die Eigentümer:innen der ausgewählten Motive ausfindig zu machen und deren Genehmigung einzuholen, um an diesen Orten drehen zu dürfen. Das beinhaltet auch das Aushandeln von Mietverträgen sowie das Knüpfen und Pflegen der Verbindungen zwischen den Motivanbieter:innen und den Produktionsfirmen.
Zudem führen und pflegen sie ein eigenes Archiv an Locations, das stetig erweitert wird.
Bei Werbe- und Fotoproduktionen übernehmen Locationscouts oft zusätzliche Verantwortung während der Dreharbeiten, indem sie die Rolle der Motivaufnahmeleiter:innen einnehmen.

Der Weg zur perfekten Location (Locationsuche – Durchführung)

Die Drehbuchautor:innen haben bereits im Entstehungsprozess einer Drehbuchfassung die Möglichkeit, auf die Ortsrecherchen und das Archivmaterial des Locationscouts zurückzugreifen. Darüber hinaus können bei gemeinsamen Location Besichtigungen die spezifischen Merkmale der Schauplätze für die Handlung des Films definiert werden.

Im Rahmen der Vorproduktion werden auf Basis eines Drehbuchs oder Storyboards, in Zusammenarbeit mit Szenenbild, Regie und Kameradepartement, die visuellen Konzepte für die Szenen entwickelt. Durch Recherchematerial, Referenzbilder und Bilder aus dem Archiv des Locationscouts wird der Charakter der Motive herausgearbeitet. Anschließend wird eine detaillierte Motivliste erstellt, die als Grundlage für die Suche nach passenden Drehorten dient. Die Auswahl der Locations muss den Anforderungen für die Umsetzung der geplanten Szenen gerecht werden. Das Finden der geeigneten Drehorte erfolgt mittels methodischer Recherche durch den Locationscout, gefolgt von der Präsentation der gefundenen Orte.

Jeder potenziell interessante Drehort ist im Besitz von jemanden. Bevor ein Ort für die Produktion vorgeschlagen werden kann, ist es daher essenziell, den/die zuständige/n Motivgeber:in ausfindig zu machen und die Zustimmung für die Filmaufnahmen einzuholen. Auch Fotos der infrage kommenden Locations werden vom Locationscout erstellt, um sie dann der Regie zu präsentieren. Aus dieser Auswahl werden potenzielle Drehorte für eine anschließende Besichtigung im Rahmen einer Motivtour ermittelt. Zusammen mit dem/der Szenenbildner:in wird dann die Möglichkeit der filmischen Realisierung direkt vor Ort begutachtet. Die ausgewählten Locations müssen sowohl künstlerischen als auch logistischen Kriterien genügen.
Nachdem die Drehlocations festgelegt wurden, werden die Kontaktdaten und der aktuelle Gesprächsstand an das Produktions-Team übergeben, während die nicht ausgewählten Orte abgesagt werden.

Die perfekte Location

Ein besonderer Drehort kann einen großen Unterschied für eine Videoproduktion ausmachen, insbesondere für einen Werbespot, der eine Marke bewerben und eine Verbindung zum Publikum herstellen soll. Ein Drehort kann die Stimmung, den Ton, den Stil und die Botschaft der Marke vermitteln sowie einen unvergesslichen Eindruck und eine emotionale Reaktion bei den Zuschauer:innen hervorrufen.

Allerdings ist es keine leichte Aufgabe, die richtige Location für eine Filmproduktion zu finden und für den Dreh abzusichern. Es erfordert eine Menge Recherche, Planung, Verhandlung und Koordination. Es birgt auch viele Herausforderungen und Risiken wie Wetter, Beleuchtung, Lärm, Genehmigungen, Gebühren, Versicherungen, Sicherheit und Koordination. Deshalb ist die Anstellung eines professionellen Locationscouts enorm wertvoll und sollte bei der Budgetierung der Produktion berücksichtigt werden.

Ein professioneller Locationscout verfügt über die Erfahrung, das Wissen und das Netzwerk, um die bestmöglichen Locations für die Filmproduktion zu finden und vorzuschlagen. Durch ihre Expertise erfassen sie schnell, was den Kund:innen wichtig ist und worum es bei der kreativen Vision und der Markenidentität geht und empfehlen Locations, die zu den Zielen und Erwartungen passen. Sie können sich auch um alle praktischen und rechtlichen Aspekte des Location Scouting Prozesses kümmern wie z.B. Verträge, Genehmigungen, Vorschriften und Zeitpläne. Sie beraten zudem, wie die Location optimal genutzt werden kann, beispielsweise bei der Wahl des besten Blickwinkels, der Zeiten und Ausrüstung. Auch bei Schwierigkeiten während der Produktion steht der Locationscout helfend zur Seite und findet schnellstmögliche Lösungen, z. B. bei Wetteränderungen, Verkehr oder Sicherheit.

Voraussetzungen / Qualifikationen

Eine klassische Ausbildung zum Locationscout gibt es nicht. Viele kommen als Quereinsteiger:innen in dieses Feld, indem sie Fähigkeiten und Wissen durch Erfahrungen in verwandten Berufen, bei der Mitarbeit an Film- und Fotoproduktionen oder durch das Lernen von anderen Locationscouts erlangen.

Interessiert man sich für eine Laufbahn als Locationscout, gilt es, bestimmte Fähigkeiten und Qualifikationen zu entwickeln, die in diesem anspruchsvollen Berufsfeld zum Erfolg führen. Folgende Schritte können den Einstieg in die Tätigkeit als Locationscout ebnen:

– Studium im Bereich Film, Fotografie oder verwandte Fachrichtungen. Zwar ist eine formale Ausbildung in Film oder Fotografie nicht zwingend erforderlich, doch sie kann einen Vorteil beim Verständnis der visuellen und narrativen Aspekte von Locations verschaffen. Außerdem lernt man die technischen Aspekte des Filmemachens kennen, wie z. B. den richtigen Einsatz von Beleuchtung, Ton und Kameraperspektiven, was hilft, potenzielle Drehorte auf ihre Eignung zu beurteilen.

– Erfahrungen in der Filmindustrie sammeln. Die Arbeit an Filmsets oder in Produktionsbüros kann wertvolle Einblicke geben, wie Filme produziert werden und welche Art von Standorten für unterschiedliche Genres und Stile benötigt werden. Zudem baut man Kontakte auf und vernetzt sich mit anderen Fachleuten, die möglicherweise zu Chancen verhelfen oder als Mentor:innen dienen können.

– Erstellen eines Portfolios von Drehorten. Als Locationscout sollte man die Fähigkeit besitzen und ein Gespür dafür entwickeln, Orte zu finden, die der Vision der Regie entspricht. Man kann damit beginnen, Drehorte in der eigenen Umgebung auszukundschaften oder an Orte zu reisen, die einen interessieren und Fotos oder Videos von ihnen zu machen. Auch das Erstellen von Moodboards* oder Storyboards, die veranschaulichen, wie die Locations in die Erzählung eines Films passen würden, ist hilfreich. Diese Materialien können dann genutzt werden, um die eigenen Dienste potenziellen Arbeitgeber:innen anzubieten, oder um sich online oder über Agenturen für Jobs zu bewerben.

– Stetig lernen und die eigenen Fähigkeiten verbessern. Location Scouting ist ein dynamisches und wettbewerbsintensives Feld, das ständige Anpassung und Innovation erfordert. Man sollte sich über die neuesten Trends und Entwicklungen in der Filmindustrie auf dem Laufenden halten. Ebenso sollte man sich mit den rechtlichen Fragen und den Gepflogenheiten, die an den jeweiligen Drehorten gelten, befassen. Es lohnt sich auch Feedback und Ratschläge von anderen Locationscouts und Filmemacher:innen einzuholen, aus ihren Erfahrungen und bewährten Methoden zu lernen sowie in die eigene Ausrüstung und Werkzeuge wie Kameras, Drohnen, GPS-Geräte und Software zu investieren, die helfen, Drehorte effizienter und effektiver auszukundschaften und zu dokumentieren.

Indem man diesen Schritten folgt, baut man seinen Ruf und seine Karriere als Locationscout auf. Es ist wichtig zu bedenken, dass es beim Location Scouting nicht nur darum geht Orte zu finden, sondern auch darum, Geschichten zu erzählen und durch die Kraft des Visuellen, Emotionen zu erzeugen. Mit Leidenschaft, Neugier und Kreativität findet man seinen Weg in diesem spannenden und kreativen Berufsfeld.

Fazit

Durch die Beauftragung eines professionellen Locationscouts spart man viel Zeit, Geld und Ärger und kann sich auf die anderen Aspekte der Videoproduktion konzentrieren. Außerdem wir sichergestellt, dass die Videoproduktion an einem hochwertigen und unverwechselbaren Ort gedreht wird, der die Marke perfekt präsentiert und das Publikum fesselt.

Man sollte es daher so sehen: Ein professioneller Locationscout ist keine Ausgabe, sondern eine Investition, die sich auf lange Sicht auszahlt.

*Begriffsdefinitionen

Moodboard / Mood-Mappe:

Die erste visuelle Umsetzung des Skripts findet üblicherweise durch die Erstellung einer Mood-Mappe bzw. eines Moodboard statt. Unter „Moods“, also Stimmungen, versteht man hierbei visuelle Eindrücke, in der Regel Fotos, die charakteristische Gebäude, Landschaften und Stimmungsbilder zusammenbringen. Diese dienen als eine Art Vorstellung, auf deren Basis der Locationscout passende Schauplätze für das Drehbuch vorschlagen kann. Dabei werden oft verschiedene mögliche Szenarien von dem Locationscout erarbeitet, um einen kreativen Austausch zu ermöglichen.

Autorin: Anna Katholnig – Produktionskoordinatorin


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