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Casting Director


In unserer Rubrik „ABC der Filmproduktion“, in der wir die zahlreichen Aspekte der Film- und Videoproduktion beleuchten, haben wir bereits einen Blick auf das Produktionsdepartement geworfen. In diesem Blogbeitrag richten wir unser Augenmerk auf das Department des Casting Directors.

Der Casting Director ist verantwortlich für die Auswahl der Schauspieler:innen die in Werbefilmen und Spielfilmen zu sehen sind – eine Aufgabe, die weit über das reine Vorsprechen hinausgeht. Wir beleuchten dessen Aufgabenbereiche, sein Arbeitsumfeld und geben einen Überblick, welche Voraussetzungen bzw. Ausbildung man für diesen Beruf mitbringen sollte.

Noch allzu häufig stoßt der Casting Director auch heute noch auf folgende Argumente: „Es ist unnötig, für die paar gesuchten Darsteller:innen extra einen Casting Director zu engagieren. Wir sollten unser Budget besser in wichtigere Dinge investieren.“

In der Film- und Werbeproduktion spielt der Casting Director eine entscheidende Rolle, die oft im Schatten des Rampenlichts bleibt, aber fundamental für das Gelingen eines Projekts ist. Die Bedeutung eines guten Castings wird leider oft erst dann wahrgenommen, wenn der Cast misslungen ist und die Qualität des Films darunter leidet.

Inhalt

Berufsfeld Casting Director – Überblick


Der Casting Director, oft auch Caster genannt, ist zuständig für die Vorauswahl der Rollenbesetzung in Film, Fernsehen, Theater und Werbung. Er ist dafür zuständig, die passenden Darsteller:innen für die zu besetzenden Rollen zu finden – angefangen von der essenziellen Hauptfigur über Nebenrollen bis hin zu Statist:innen, die nur wenige Sekunden im Hintergrund zu sehen sind. Auftraggeber:innen sind in der Regel Produzent:innen.

Der Casting Director liest Drehbücher, Regievorlagen und Manuskripte und setzt sich mit den zu besetzenden Rollen intensiv auseinander. Dabei steht er in engem Austausch mit der Regie, der Produktionsfirma und der Agentur, die ebenso ihre Vorstellungen zur Rollenbesetzung einbringen. Nach jahrelanger Berufserfahrung verfügen Casting Directors über eigene Talentlisten oder Archive, auf die zurückgreifen können. Zudem stehen sie auch oft im Austausch mit Castingagenturen und Berufskolleg:innen und nutzen Datenbanken, um passende Schauspieler:innen für die jeweilige Rolle auszuwählen und zu kontaktieren.

Sie verfügen über Kontakte zu Agent:innen, die Schauspieler:innen vermitteln. Für neue Produktionen werden häufig auch Ausschreibungen verfasst, auf welche sich Schauspieler:innen bewerben können. Die vom Casting Director vorausgewählten Schauspieler:innen präsentieren dann beim sogenannten Casting* ihr Können, bei dem auch die Regie anwesend sein kann.

Gemeinsam wird dann die endgültige Auswahl über die Besetzung für die Werbe- bzw. Filmproduktion getroffen. (Im Anschluss des Casting-Prozesses erhält die Regie häufig auch einen Server-Zugang. Dort kann sie sich die Casting-Videos nochmals ansehen, um in Ruhe eine Auswahl zu treffen).

Der Besetzungsprozess findet in enger Zusammenarbeit mit den Produzent:innen, Regisseur:innen, Redakteur:innen und Produktionsleiter:innen statt. Die Dauer des Besetzungsprozesses ist sehr unterschiedlich und kann stark variieren. Kommt es zu Verschiebungen des Drehtermins, muss die Besetzung häufig komplett neu gesucht werden. Besonders bei Kindern und Jugendlichen als Darsteller:innen erfordert eine Drehverschiebung oft eine komplett andere Besetzung. Ein Casting Director muss daher über einen großen Pool an Schauspielenden verfügen, um auf solche Ereignisse schnell reagieren zu können.

Ausgestattet mit tiefgreifendem Wissen über die Schauspielbranche, nutzt der Casting Director aktuelle Schauspieler:innen-Portfolios (Lebensläufe, Demobänder* und Fotos) und führt Besprechungen zur Rollenbesetzung durch, organisiert Cold-Readings* und live- oder online-Castings (besonders seit Corona hat die Form des Online-Castings an hohen Stellenwert gewonnen).
Wenn sich die Regie jedoch bewusst für eine noch unbekannte Besetzung entscheidet, genügen bestehende Demobänder, Agenturkataloge oder Internetarchive oft nicht. In solchen Situationen erweitert der Casting Director möglicherweise seine Suche auf Ausbildungsstätten und Schauspielevents, veröffentlicht einen Casting-Aufruf in den Sozialen-Medien oder begibt sich bei der Suche nach neuen Talenten auf die Straße, zu sogenannten Street-Castings*.

Der richtige Ort zur richtigen Zeit

Manchmal ist man aber auch einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort, wie man an den folgenden Anekdoten erkennen kann.

Harrison Ford kam in den 60ern nach Kalifornien, um Schauspieler zu werden – jedoch ohne großen Erfolg. Um Geld zu verdienen, schlug er sich u.a. als Tischler durch. Auf einer Baustelle der Goldwyn-Studios traf er auf den Filmregisseur George Lucas. Lucas erkannte in dem Tischler ein gewisses Talent als Schauspieler und besetzte ihn für eine Rolle in „American Graffiti“. Durch diese zufällige Bekanntschaft und den Draht zu George Lucas bekam er einige Jahre darauf die Chance zum Vorsprechen für Star Wars und kam so zu seiner legendären Rolle des Han Solo.
Auch bei Natalie Portman entwickelte sich die Kariere als Schauspielerin völlig ungeplant.
Die 10-jährige Natalie Portman wollte sich nach einer Tanzstunde eigentlich nur eine Pizza holen. Im Lokal wurde jedoch ein Casting Agent auf sie aufmerksam. Er fragte, ob sie Interesse am Modeln hätte. Sie erwiderte, dass sie lieber Schauspielerin werden will, woraufhin der Agent ihr Treffen mit einigen Produzenten arrangierte. So gelangte sie zum Casting für „Leon – Der Profi“, überzeugte Regisseur Luc Besson und ebnete den Weg für ihre spätere Schauspielkarriere.

Ziel für jeden Casting Director ist es jedoch, egal wie, eine Liste potenzieller Kandidat:innen für die zu besetzenden Rollen zu erstellen. Die Auftraggeber:innen verlassen sich auf die Expertise des Casting Directors, um die ideale Besetzung für ihre Produktionen zu garantieren.

Auch wenn die Tätigkeit des Casting Directors bei Werbe- und Spielfilmen ähnliche Abläufe hat, gibt es doch einige Unterschiede.
So liegt bei Werbefilmen der Fokus darauf, die Werte und die Philosophie eines Unternehmens zu transportieren. Auch ist die Zeit ein entscheidender Faktor. Der Casting Director hat bei Werbefilmproduktion meist ein kleineres Zeitfenster, um passende Schauspieler:innen zu finden, die nicht nur talentiert sind, sondern auch das Produkt oder die Marke authentisch und glaubwürdig repräsentieren können. Hier ist ein besonderes Gespür für Markentrends und Zielgruppenansprache gefragt. Casting Directors müssen hierbei ein tiefes Verständnis für die Unternehmenskultur und die gewünschte Außenwirkung haben.
Im Bereich der Spielfilme sind die Aufgaben eines Casting Directors am vielfältigsten. Neben dem Talent müssen die Schauspielenden auch zum Genre, zum historischen Kontext und zur künstlerischen Vision des Films passen. Dies erfordert eine intensive Auseinandersetzung mit dem Drehbuch und eine enge Zusammenarbeit mit der Regie. Der Castingprozess ist in der Regel auch viel länger.

Arbeitsumfeld

Ein Casting Director arbeitet freiberuflich für eine Produktionsfirma.

Es ist wichtig, klar zwischen einem Casting Director und einem Casting Agenten (Schauspielagenten) zu unterscheiden. Ein Casting Director arbeitet im Auftrag der Produktionsfirma und in enger Zusammenarbeit mit der Regie. Er darf in keinem Fall als Agent:in oder Manager:in der Schaupieler:innen fungieren, also ihre Verträge aushandeln oder Prozente ihrer Gagen einnehmen. Es besteht die Gefahr des Interessenkonflikts. Bei einem Verstoß besteht die Möglichkeit, dass ein Casting Director den Verbandsmitgliedsstatus verliert.
Ein Casting Director führt seine Arbeit in der Regel allein durch und wird gegebenenfalls von ein bis zwei Assistent:innen oder freiberuflichen Mitarbeiter:innen unterstützt.

Aufgabenbereiche

Der Casting Director hat die Aufgabe, den Kontakt zwischen Schauspieler:innen, Regie und Produktion herzustellen. Sind sämtliche Rollen besetzt, endet die Arbeit des Casting Directors.
Sie verwenden Datenbanken und Archive, um die passende Besetzung zu finden, führen Betriebsbücher, Dokumente, Zeit- und Terminpläne. Gleiches gilt für die Organisation, den Ablauf und die Leitung einer Castingveranstaltung. Im ersten Castingdurchlauf, dem Vorcasting, übernimmt der Casting Director u.a. auch Regietätigkeiten, um im nächsten Schritt eine Vorauswahl zu treffen, die dann der Regie und Produktion präsentiert wird.

Tätigkeiten

Die Besetzung der Haupt- und Nebenrollen ist nicht nur ein wichtiger Motor beim Vorankommen einer Filmproduktion, sie ist auch ein zentrales Element im Prozess der Filmfinanzierung und der Vermarktung. Die Bedeutung eines erfolgreichen Castings ist für Produktion und Regie deshalb unbestritten.

Zu den wichtigsten Tätigkeiten eines Casting Directors zählen:

  • Treffen und enger Austausch mit Regie und Produktion
  • Drehbuchlektüre sowie die Erstellung von Rollenauszügen
  • Konzeptbesprechungen
  • Zusammenstellung und Begründung von Besetzungsvorschlägen mit allem dazugehörigen Material der Agenturen
  • Abfragen von Tagesgagen sowie die Klärung der terminlichen Verfügbarkeiten von Schauspieler:innen durch deren Agenturen, Schauspielschulen und Betriebsbüros. Aber keine Gagenverhandlungen.
  • Organisation, Planung und Durchführung von Probeaufnahmen (E-Castings/Vorcastings, herkömmliche Live-Castings, Improvisationen, Cold Readings, Re-Calls sowie weiterführende Castings)
  • Organisieren und begleiten von Treffen der Schauspieler:innen mit Regie und Produktion
  • Kontakt mit Produktionsbüro, Regie, Casting-Agenturen und Agent:innen halten
  • Zusagen machen und Absagen formulieren

Voraussetzungen / Ausbildung

Obwohl das Casting als frühe Etappe der Vorproduktion eine Schlüsselrolle einnimmt, gibt es noch keine anerkannte Ausbildung für den Beruf des Casting Directors.
Die Mehrheit der Casting Directors haben zuvor im Produktionsdepartement gearbeitet, waren Mitarbeiter:innen bei Castingagenturen oder vielleicht sogar Casting Assistent:innen von Casting Directors und sind anschließend über Ihre Berufserfahrungen zum Casting gestoßen.

Ein Studium in den Bereichen Schauspiel, Psychologie, Filmwissenschaften oder verwandten Fächern kann ebenfalls hilfreich sein und ein wichtiges Fundament liefern.
Unabdingbar sind Berufserfahrungen im filmischen Setting, sei es in einer Filmproduktion oder direkt am Filmset. Ein tiefgehendes Verständnis für alle Abläufe, insbesondere in der Vorproduktion, ist dabei essenziell.
Die Schauspieler:innen-Szene sollte, mit Schwerpunkt auf das jeweilige Land, umfassend bekannt sein. Aufbau und Pflege des Nachwuchses haben hohe Priorität. Die Fähigkeit, Talente und Trends zu erkennen, gehört zu den maßgebenden Eigenschaften des Casting Directors.
Eine notwendige Voraussetzung, um den Beruf gut ausführen zu können, sind zum einen das Verständnis von Drehbüchern in Bezug auf dramaturgische Zusammenhänge und zum anderen die Möglichkeit der inhaltlichen Auseinandersetzung mit Filmstoffen. Casting ist eine künstlerische Tätigkeit, die auch als solche verstanden werden sollte. Der Casting Director ist Partner des Regisseurs/der Ressigeurin und der Produktion.

Fazit

Der Beruf des Casting Directors ist komplex und facettenreich. Er erfordert nicht nur ein tiefes Verständnis für Schauspiel und Filmproduktion, sondern auch für die subtilen Nuancen, die ein Projekt zum Erfolg führen. Obwohl die Aufgaben je nach Art des Films variieren, bleibt das Ziel stets dasselbe: Die perfekte Besetzung zu finden, die der Geschichte Leben einhaucht. Die Rolle des Casting Directors ist daher von zentraler Bedeutung für die Schaffung von authentischen und überzeugenden filmischen Werken.

*Begriffsdefinitionen

Street-Castings:

Bei einem Street Casting sucht das Casting-Team aktiv auf der Straße nach potenziellen Darsteller:innen. Diese Methode wird angewendet, wenn man nach authentischen, realitätsnahen Personen sucht, die eine bestimmte Rolle oder ein spezifisches Erscheinungsbild verkörpern sollen und die Regie explizit nach einer unbekannten Besetzung oder nach Laiendarsteller:innen sucht.

Demo Band:

Ist ein Zusammenschnitt von meist fünf bis fünfzehn Minuten langen Filmsequenzen der bisherigen Projekte. Bei Nachwuchsschauspieler:innen kann es sich auch um Zusammenschnitte bisheriger Casting Auftritte handeln. Demobänder fassen in der Regel die gelungensten schauspielerischen Leistungen zusammen und verknüpfen sie thematisch. Gewöhnlich wird das Ganze mit Musik untermalt, um so das Image des Schauspielers, der Schauspielerin optimal zu verkaufen.

Cold Readings:

Cold-Reading ist eine Methode, die bei Schauspielcastings zum Einsatz kommt. Hierbei wird Schauspielenden ein ihnen unbekannter Text vorgelegt, den sie unmittelbar und ohne Vorbereitung darstellen müssen. Ziel dieser Übung ist es, die Kompetenz der Schauspielenden zu bewerten, insbesondere ihre Fähigkeit, sich spontan auf neues Material einzustellen und dieses zu deuten. Diese Technik setzt voraus, dass die Schauspielenden flexibel und improvisationsfähig sind, da ihnen die Zeit fehlt, sich eingehend mit dem Text auseinanderzusetzen.

Arten des Castings:

-Live-Castings werden, wie der Begriff schon verrät, in Person durchgeführt. Neben der zentralen Frage, ob der Darsteller, die Darstellerin zum gesuchten Typ passt, dient das Casting auch dazu zu testen, ob die Chemie zwischen Regisseur und Schauspieler passt. Wichtig ist auch zu klären, ob die Harmonie innerhalb des Ensembles gegeben ist und ob bestimmte Szenen aus dem Drehbuch gut umgesetzt werden können.

-Online Casting: Im Gegensatz zum Live-Casting gibt es auch noch das Online-Casting. Dies kann über einen Video-Call stattfinden oder die Castingteilnehmer:innen werden aufgerufen, ihre Videoaufnahmen einzusenden. Während der Corona-Pandemie hat man vor allem auf diese Art des Castings zurückgegriffen.

  • Es wird zwischen offenen Castings, die für alle Interessierten zugänglich sind, und geschlossenen Castings unterschieden, zu denen gezielt eingeladen wird und für die die Darsteller:innen meist spezifische Szenen aus dem Drehbuch im Voraus vorbereiten müssen.

Autorin: Anna Katholnig – Produktionskoordinatorin


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