Die Krux des Creative Brief: Was Kunden meinen zu wollen – Teil 2


Willkommen zurück zu Teil 2 der Kontroverse um die Krux der Werbebriefings. In Teil 1 ging es bereits darum, was ein Briefing überhaupt sein soll und warum es doch so ein wichtiges Kommunikat zwischen Kund:In und Agentur bzw. Filmproduktion darstellt. Dabei galt ein besonderes Augenmerk der Tatsache: Briefing ist nicht gleich Briefing. Was sind die Unterschiede zwischen guten und konfliktbehafteten Briefings und was es sein kann, dass ein Briefing mit reichlich Konfliktpotenzial auflädt? Die Betrachtung dieses bis dato doch sehr wenig betexteten und doch so spannenden Themas wird heute fortgesetzt.

Inhalt


Das Jonglieren mit unterschiedlichen Vorstellungen

Auch wenn die Projektleiter:innen und die Kreativen nach einiger Zeit etwas abstumpfen, so ist es dennoch wichtig, die Wünsche der Kund:innen ernst zu nehmen, sie so gut es geht verstehen zu wollen, im Zweifelsfall nachzufragen und die Kund:innen als professionelle Anlaufstelle zu beraten. In den meisten Fällen sind Kund:innen äußerst dankbar für überraschende kreative Konzepte und Professionalität in der Umsetzung, für welche sie eine Kreativagentur bzw. Filmproduktion beauftragt haben.

Denn das vertrauensvolle Zurückgreifen auf die Expertise eines kreativen Teams in Bezug auf ästhetische und anziehende Gestaltung, dem Treffen der richtigen Tonalität und das effektive Erreichen der gewünschten Werbewirkung, kann am Ende eines teuren Projektes einen Unterschied von mittelmäßiger Unsichtbarkeit zu einem unvergessenen, viralen Erfolg ausmachen. Im Gegenteil dazu gibt es jedoch auch die Fälle, in welchen Kund:innen sehr starr an ihren Briefings festhalten, wenig Vertrauen schenken und die Kreativen nur als Handwerker:innen ihrer Zunft nutzen möchten:

Das kann vollkommen legitim sein, denn die Kund:innen bezahlen für einen gewissen Service, jedoch ist es auch verständlich, wie daraus für die Kreativen ein gewisser Frust und Zynismus erwachsen kann. Vor allem, wenn es so weit geht, dass die Kund:innen sich als verkappte Kreative herausstellen und eigentlich selbst über jeden Mausklick bestimmen wollen:

Schließlich kann noch ein zentraler Konflikt nach einem erfolgten Briefing entstehen. Denn manchmal ist es besonders kritisch, wenn sich ein Kunde bzw. eine Kundin mit einem gut gemeinten Briefing sehr viel Mühe gegeben zu haben oder in eine gewisse Idee unsterblich verliebt zu sein scheint, wenn sie in den Augen der Kreativen leider ein nur sehr schwaches, nicht umsetzbares oder in den schwierigsten Fällen sogar peinliches Konzept für den gewünschten Output bedeuten.

In diesen speziellen Agenturen und Filmproduktionen arbeiten Menschen, die nicht nur zur Erstellung von ansprechendem Content in den wirkungsvollsten Weisen ausgebildet sind, sondern sich auch tagtäglich mit Content, Trends und den aktuellsten Techniken auseinandersetzen. Aus diesen Gründen wissen sie doch oft, wovon sie reden und warum sie Kund:innen gewisse Ideen, Konzepte und Arten der Umsetzung nahelegen. Deswegen kann an dieser Stelle im kreativen Team ein innerer Konflikt entstehen und viel Fingerspitzengefühl, Mut und Hingabe erfordern, den Kund:innen etwas
anderes vorzusetzen und zu versuchen, sie liebevoll von etwas Besserem zu überzeugen.

Wie die Kund:innen sich schlussendlich entscheiden und ob sie eine professionelle Beratung annehmen oder doch lieber die Zügel selbst in die Hand nehmen, ist jedes Mal aufs Neue eine spannende Phase in der Beziehung zwischen Kund:innen, Agentur und/oder Filmproduktion.

Die Feedbackkultur

Die Feedbackkultur ist ein herrliches Kapitel in der Geschichte vom Briefing zu einem fertigen Werbeprodukt. Denn genau wie das erste Briefing, so kann in Folge auch das Feedback zielführend bzw. unberechenbar und konfliktbehaftet sein.

Konflikt Nr.1 – Kund:innen wollen plötzlich etwas ganz anderes

In manchen Fällen kommt unerwartet vernichtendes Feedback von Kund:innen, das erst nach einem gewissen Grad der Umsetzung große Teile der gebrieften Elemente kritisiert. Und das zur großen Überraschung und dem Unverständnis der Kreativen. Derartige Feedbacks offenbaren, dass die Kund:innen sich womöglich doch etwas ganz anderes wünschen als sie vielleicht ursprünglich einmal gedacht haben. Die Problematik ,die hier auftritt, ist dass Kund:innen oft Schwierigkeiten haben, sich vorzustellen, wie Konzepte nach ihrer Umsetzung tatsächlich aussehen. Aus diesem Grund ist es ratsam im gesamten Prozess in stetigem Austausch mit den Kund:innen zu bleiben, so viel wie möglich vor der Umsetzung und auch immer wieder nach gewissen Entwicklungsstufen innerhalb des Prozesses zu visualisieren, zu erklären und schließlich besser greifbar und erwartbarer zu gestalten.

Konflikt Nr. 2 – Ungerichtetes bzw. unentschlossenes Feedback

Im Prozess des Erörterns, was die Kund:innen in welchem Umsetzungsrahmen wollen könnten, ist es nicht selten der Fall, dass Agenturen und Filmproduktionen mehrere Vorschläge und Ideen präsentieren. Im Prinzip eine gute Vorgehensweise, um den Kund:innen entgegenzukommen, wagemutigere und traditionellere bzw. teurere und günstigere Möglichkeiten gegenüberzustellen und sie daraus wählen zu lassen. Konfliktbehaftet wird es allerdings, wenn Kund:innen sich dazu entscheiden, sich nicht zu entscheiden. Natürlich gibt es Kompromisse und Mittelwege für viele Elemente in der
Gestaltung und Umsetzung eines kreativen Produktes, doch es kann gleichzeitig den Tod zweier guter, zielgerichteter Konzepte bedeuten, die man versucht zu einem unkonzentrierten Mischmasch zu verschmelzen. Auch bei diesem Konflikt hilft nur Kommunikation mit guten Begründungen und der Versuch einer sanften Führung als kreative Berater zu einem von beiden Parteien anvisierten Effekt.

Konflikt Nr. 3 – Zu kurzfristiges Feedback

Was sich hier erstmal als überspitztes Szenario darstellt, ist in gewissen Fällen durchaus Realität. Auf manch ein Kund:innen-Feedback wartet man ewig, dessen Umsetzung aber dann postwendend erwartet wird. Dafür gibt es allerdings schon plausible Gründe, die sich auf die Hierarchien, Größe und die Auslastung der Entscheidungsträger*innen von Firmen zurückführen lassen. Nichtsdestotrotz ist es natürlich ein großer Konflikt für die Menschen in der Umsetzung, die neben ihren anderen Projekten, jetzt plötzlich noch ein wie auch immer geartetes Feedback bis zu einer unangenehm zeitnahen Deadline umsetzen müssen. Das kann zu Überlastung, Groll und einem schlechteren Endergebnis führen, wodurch beide Parteien am Ende das Nachsehen haben. Aus diesem Grund empfiehlt es sich doch, vor allem auch aus Respekt vor der wertvollen Zeit des Gegenübers rechtzeitig zu kommunizieren.

Gutes, konstruktives Feedback hingegen, das eine gemeinsame Absicht verfolgt, rechtzeitig für dessen Implementierung gegeben wird und sich in einem gewissen Rahmen hält ohne die Kreativen zu sehr zu beschneiden, kann von unschätzbarem Wert sein und ein kreatives Produkt für beide Parteien zum Besseren formen.

Wer hat recht?

Es stellt sich also die kontroverse wie spannende Frage, wer behält am Ende recht?

Vermutlich wird jeder schon einmal der Weisheit „Der Kunde ist König.“ begegnet sein. Im Laufe der letzten Jahre wird diese alte Weisheit jedoch von unserer schnelllebigen Informationsgesellschaft, in der Sichtbarkeit eines der höchsten Güter für Firmen geworden ist, von einer neuen Weisheit herausgefordert: „Content is King.“

Das bedeutet nichts Anderes, als dass keine der Parteien stur auf ihrer Meinung verharren, sondern vielmehr eine gute Beziehung durch gute Kommunikation, gegenseitiges Verständnis und Kompromissbereitschaft aufbauen sollte. Denn schlussendlich ist auch eine Arbeitsbeziehung eine Beziehung, die nur auf einer Basis von gegenseitigem Respekt langfristig funktionieren kann.

Im Laufe der Zeit und mit der Erfahrung wird es leichter einzuordnen, wie problematische Briefings entstehen und man lernt Kund:innen besser zu verstehen. Manchmal sind widersprüchliche Wünsche, komplizierte und langwierige Entscheidungsprozesse auf die Größe der auftraggebenden Firmen zurückzuführen, in welchen alle Vorschläge und Ideen mehrere Instanzen durchlaufen bzw. viele Entscheidungsträger:innen ihre Meinung einwerfen müssen. Dass es sich dabei nicht immer um Leute mit dem geschultesten Geschmack bzw. Marketing Know-how handelt, sei einmal dahingestellt. Hier erfordert es Geduld und manchmal auch die Verhandlung von konträren Vorstellungen.

Ein anderer Grund kann mangelnde Erfahrung im briefen von Agenturen und Videoproduktionsfirmen sein bzw. auch eine fehlende Einsicht in deren Prozesse und Arbeitsabläufe. In solchen Fällen ist eine offene Kommunikation und Transparenz von Vorteil, wo beide Parteien einen gemeinsamen Weg durch Fragen und Rückfragen finden können.

Wie eine Firma in ihrer Außenwahrnehmung positioniert ist und wie viel Mut sie hat, sich in Werbekommunikaten herausstechend zu präsentieren, ist auch immer wieder ein heikles wie entscheidendes Thema. Denn so begeistert auch immer die Kreativen von der Großartigkeit und Wirkungsmacht eines mutigen Konzepts sein mögen, so tragen die Entscheidungsträger:innen auf Firmenseite viel Verantwortung und wollen es manch einmal nicht verantworten, mit wagemutigen Werbekonzepten Risiken einzugehen.

Doch natürlich sind es die ausgefallenen Visionen, die die Kreativen auf Produktionsseite beflügeln, genauso sehr wie es sie erfreut, wenn ihnen Vertrauen in ihre Expertise und ihr Können entgegengebracht wird. Auf der Seite der Kreativen liegt im Gegenzug die Verantwortung, Kund:innen nicht mit Ego zu überfahren, sondern sie in ihre kreativen und strukturellen Prozesse einzubinden, sie gedanklich abzuholen und somit von ihren Ideen zu überzeugen. Denn natürlich ist es den Filmproduktionen und Agenturen am Ende des Tages nicht nur wichtig den schönsten, aufregendsten und kreativsten Content zu erstellen, sondern vor allem auch ihre Kund:innen damit glücklich zu machen.

Die Kund:innen sind doch noch immer König:innen und genau aus diesem Grund kann es für einen gegenseitig zufriedenstellenden Arbeitsprozess nur darum gehen: gut briefen, dabei Raum für kreativen Input lassen, rückfragen stellen, eventuell re-briefen, respektvoll, kompromissbereit und im ständigen Austausch ein kreatives Konzept erarbeiten und umsetzen. Das bedeutet vielleicht nicht, das jede auf dem Weg getroffene Entscheidung die richtige gewesen sein muss, jedoch wird man auf diese Weise zumindest ein gemeinsames Ziel erreichen und kann sich schließlich über die
Früchte der gemeinsamen Arbeit und eine gute, wiederkehrende Arbeitsbeziehung freuen.

Fazit

Wie bereits in Teil 1 rekapituliert, soll das Briefing ein Fundament für die gemeinsame Kommunikation darstellen, auf dem sich, mit Achtung auf gewisse „Etikette“ etwas Großartiges errichten lassen kann.

Aber wenn wir ehrlich sind, wäre es doch langweilig, würde immer alles glattlaufen, wären sich die Kund:innen und Kreativen immer einig und es entstünde kein kreatives Pingpong. In einigen Fällen verhilft das Kundenfeedback doch auch zu einem besseren und fokussierterem Ergebnis, denn niemand kennt seine Marke, sein Produkt oder seine Prozesse besser als die Kund:innen selbst.

Wie würden wir sie vermissen, die widersprüchlichen Aussagen, die uns so oft zum Schmunzeln bringen und die lustigen Memes, die aus dem Spannungsfeld dieser speziellen Beziehung zwischen Kund:innen mit ihren Kreativagenturen und Filmproduktionen entstehen.

Denn was Kunden meinen, zu wollen, ist oft nur die Spitze des Eisbergs. Die wahre Kunst besteht darin, das Unsichtbare darunter herauszuarbeiten und einen Film, ein Design, eine ganze Kampagne oder sonstige Kunst zu schaffen, die alle Erwartungen übertreffen

– selbst die, von denen die Kund:innen nicht einmal gemeint haben könnten, sie zu
wollen.

Autorin: Sara Del Barba – Konzeptionistin, Texterin & Regisseurin


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