Die Krux des Creative Brief: Was Kunden meinen zu wollen – Teil 1
„Wir wollen etwas Junges, Frisches, aber mit Stil. Modern, aber trotzdem klassisch und nicht zu trendy.“ Wem kommen solche Aussagen bekannt vor? Vermutlich jedem, der in der Kreativbranche schon einmal mit Kunden zu tun hatte. Ob Filmproduktion, PR- oder Marketingagentur, wir alle lieben und brauchen unsere Kunden, auch wenn sie uns mit ihren kreativen Briefings manches Mal ad absurdum führen 😉
Ob nun als Kreative oder Produzenten, wir alle entwickelt eine ganz eigene Beziehung zu unseren Kunden. Dabei ist es egal, ob sie im direkten Austausch miteinander stehen oder die Kommunikation über die Projektleitung stattfindet, die bereits als erste Instanz versucht, das Kundenbriefing für das Team zu dechiffrieren 🕵️♀️
Dabei ist jeder Kunde oder jede Kundin – ob groß oder klein, erfahren oder unerfahren im Geben von Briefings – so einzigartig in seinen oder ihren Bedürfnissen und in der Kommunikation, dass Stolpersteine, Überraschungen und der ein oder andere verzweifelte Lacher oft nicht ausbleiben.
Aber was ist es denn nun, was die Kunden meinen zu wollen? Wie lernt man sie zu verstehen und mit ihren Anforderungen umzugehen? 🤔
Inhalt
- Was ist ein Briefing und warum ist es so wichtig?
- Konfliktbehaftete vs. Gute Briefings
- Welche Fragen müssen in einem Creative Brief beantwortet werden?
- Fazit Teil 1 & Sneak Peak Teil 2
Was ist ein Briefing und warum ist es so wichtig?
In der Regel kommen Kunden mit einem Projektauftrag zu Agenturen und/oder zu Film- und Videoproduktionen, um entweder ihre Marke, ihr Produkt oder ihre Dienstleistung zu bewerben. Sei es nun durch ein Imagevideo, einen Erklärfilm, Content rund ums Employer Branding oder einem kompletten Design und der Kommunikation rund um ihre Marke, das auf Websites, auf Social Media, in OoH-Kampangnen, auf Events oder klassisch im TV präsentiert werden soll. Für ebendiese kreativen Produkte, die am Ende der Zusammenarbeit entstehen und gewisse Ziele erreichen sollen, braucht es von den Auftraggeber:innen definierte Instruktionen.
Ein Kundenbriefing ist also eine Zusammenstellung aller Anforderungen, Erwartungen und Wünsche eines Kunden an ein kreatives Projekt, das mit Einhaltung ebenfalls zu definierender Rahmenbedingungen umgesetzt werden soll. Das Briefing ist dementsprechend nicht nur der Ausgangspunkt und die gemeinsame Kommunikationsbasis eines kreativen Projektes, sondern auch eine Schnittstelle zwischen Vision und Realität, zwischen dem, was ein Kunde sich vorstellt, und dem, was ein kreatives Team tatsächlich umsetzen kann.
Dabei können Kundenbriefings sehr unterschiedlich ausfallen und von minutiös und akribisch geplant, über eine vage Ideensammlung sein bis hin zu:
Konfliktbehaftete vs. Gute Briefings
Kunden, die noch keine bzw. wenig Erfahrung im briefen von Agenturen und Filmproduktionen haben und jene wo die Entscheidungen durch viele hierarchische Ebenen getroffen werden, können sich in problematische Briefings verrennen, die in der Entwicklungsphase passender Ideen, Strategien und deren Umsetzung verschiedene Konflikte auslösen können.
Konflikt Nr. 1 – unzureichende Briefings ohne Plan
Manchmal bekommt man vom Kunden einen Auftrag, der asap abgewickelt werden soll, denn „fast delivery is key“ in der kurzlebigen Content-Gesellschaft, in der Marken um Aufmerksamkeit ringen müssen.
Der Konflikt entsteht jedoch an der Stelle, wo Kreative nicht wissen, was sie denn überhaupt so schnell umsetzen sollen. Schneller Output ohne die vorherige Definition einer Richtung, einer Zielgruppe und Zielen per se erzielt selten die effektivste Wirkung.
Ganz im Gegenteil; die Ideenfindung, Prozesse und Diskussionen können viel langwieriger ausfallen, da das kreative Team gezwungen ist, ins Blaue zu schießen, um erst einmal herauszufinden, was die Kunden womöglich wollen und brauchen könnten. Das bedeutet für die Kreation natürlich viel Freiheit, kann aber auch zu viel Verunsicherung, Missverständnissen und Ressourcenverschwendung beitragen, die man mit einem guten Briefing umgehen könnte. Das Gleiche gilt für knappe, vage Briefings, die mehr Fragen aufwerfen, als sie beantworten.
Konflikt Nr. 2 – Widersprüchliche Aussagen
Wohl eine der amüsantesten Eigenheiten, die sich immer wider in Kundenbriefings einschleichen, sind Aussagen bzw. Wünsche, deren Erfüllung sich gegenseitig auszuschließen erscheint.
Sie bringen die Kreativen sowohl zum Lachen als auch zur Verzweiflung. Denn was sich vielleicht lustig anhört, kann in der Umsetzung zu viel Unsicherheit und Blockaden beitragen oder einen wahnsinnig nervenaufreibenden Balanceakt bedeuten, bei welchem ebendieser vermeintlich inexistente Zwischenraum auszuloten versucht wird.
Konflikt Nr. 3 – Unrealistische Erwartungen
Träume sollten unbedingt groß geträumt werden! Wenn jedoch der Anspruch beseht, diese Träume in die Realität umzusetzen, dann sollte mit dem Briefing auch ein Realitätscheck durchgeführt werden. Denn wenn die Rahmen-bedingungen ein gewisses Budget und einen Zeitrahmen vorgeben, dann sollten die umzusetzenden Vorstellungen auch innerhalb dieses Rahmens liegen.
Natürlich hat jeder Geschäftsmann und jede Geschäftsfrau den Anspruch das Meiste für das investierte Geld aus einem Projekt herauszuholen und auch die Kreativen sind Freunde einer gestalterischen Herausforderung, doch was dabei nicht vergessen werden sollte, ist, das professionelle und qualitative Arbeit sowie die dafür benötigten Einsatzmittel ihren Preis und ihren Wert haben. Selten gibt es im kreativen Schaffensprozess etwas gegenseitig frustrierenderes als Erwartungs-haltungen, die unter den gegebenen Rahmenbedingungen schlicht nicht erfüllbar sind oder gar Versprechungen von Agenturen und Videoproduktionen, die diese nicht einhalten können. Denn der Ball liegt nicht immer nur bei den Kunden, sondern auch aufseiten der professionellen Umsetzung, die ein Briefing nicht nur einordnen zu wissen müssen, sondern auch auf Möglichkeiten bzw. gewünschte Unmöglichkeiten hinweisen sollten. Schließlich engagieren Firmen, spezialisierte Agenturen und Filmproduktionen für die Umsetzung von Werbekampagnen, Designs, Videos und Events, weil sie auf ihre Expertise und ihr Handwerk angewiesen sind und ihnen vertrauen können müssen.
Zu diesem Zweck sollte bereits im Tanz um die Auftragsgewinnung, also in jener Phase, wo nicht selten noch mehrere Agenturen und/oder Filmproduktionen ein Angebot für einen spezifischen bzw. eine spezifische Auftraggeber:in legen, eine gewisse Transparenz herrschen. Denn wenn die Auftraggeber:innen die Strategie fahren, ihr verfügbares Budget den konkurrierenden Firmen vorzuenthalten, um den günstigsten Anbieter ausfindig zu machen, so führt dieses Vorgehen bedauerlicherweise nicht nur zu Preisdumping, sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit auch zu nicht umsetzbaren Konzept-vorschlägen, Fehlkalkulationen und wieder mal Ressourcenverschwendung. Auch wenn der Wunsch nach dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis ein sehr nachvollziehbarer ist, so ist es doch auch wichtig zu verstehen, wie komplex und aufwendig sich die Erarbeitung und Kalkulation eines kreativen Produktes, beispielsweise eines Imagevideos, gestaltet, das sich ohne die Vorstellung eines budgetären Rahmens wirklich von bis erstrecken kann.
Welche Fragen müssen in einem Creative Brief beantwortet werden?
- Zielgruppe: Wer soll angesprochen werden? Was sind ihre Bedürfnisse und Interessen?
- Positionierung und Wettbewerb: Wie positioniert sich das Unternehmen im Markt und gegenüber der Konkurrenz?
- Kernbotschaft: Was ist die zentrale Aussage des Projekts?
- Tonalität und Stil: Welche Stimmung soll vermittelt werden? Ist der Ton eher seriös, humorvoll, dynamisch oder emotional?
- Visuelle und technische Anforderungen: Gibt es Vorgaben für Farben, Formen, Stil oder Format?
- Budget und Zeitrahmen: Was ist der finanzielle und zeitliche Rahmen für das Projekt?
- Erfolgskennzahlen (KPIs): Wie wird der Erfolg des Projekts gemessen? (z.B. Reichweite, Umsatzsteigerung, Markenbekanntheit)
Ein solides Briefing ist also extrem wertvoll, um für ein Projekt als Leitfaden zu dienen, um Ressourcenverschwendung und Frustration auf beiden Seiten zu vermeiden und den bestmöglichen Output für die eingesetzten Mittel zu erzielen.
Fazit Teil 1 & Sneak Peak Teil 2
Ein bisschen Wahnsinn gehört dazu zum kreativen Spiel. Ein Briefing soll ein gemeinsamer Startpunkt sein, das idealerweise klar formuliert und strukturiert schon die wichtigsten Fragen beantwortet und eine erste Idee gibt, aus welcher sich schließlich fantastische Visionen spinnen und umsetzen lassen können. Dazu gehört Vertrauen, Mut, eine gute Kommunikation und gegenseitiges Verständnis.
In Teil 2 des Artikels um die Krux des Werbebriefings wird es um die nervenaufreibende Jonglage gehen, wenn die Vorstellungen der Kund:Innen mit jenen der Agenturen und/ oder Filmproduktionen auseinanderdriften, welchen Aberwitz die Feedbackkultur entfalten kann und um die Frage, wer am Ende des Tages Recht behält?
Stay tuned!
Autor: Sara Del Barba – Konzeptionistin, Texterin & Regisseurin
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